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Uni Ulm und EssentialView befragen Mittelständler

Viele KMU-Chefs führen ihr Unternehmen nicht nach Kennzahlen

ULM – Deutschland ist Mittelstandsland. Mehr als 60 % aller Beschäftigten arbeiten in den über zwei Millionen klein- oder mittelständischen Unternehmen (KMU) und sichern rund 15 Millionen Arbeitsplätze. KMU sind gegenüber Konzernen klar im Vorteil – sie sind flexibler, entscheidungsfreudiger und damit agiler. „Diese im Wettbewerb enorm wichtigen Vorteile drohen KMU zu verspielen“, stellen Kerstin und Jörg Herkommer fest. Zusammen mit der Uni Ulm haben sie in einer Vorabstudie Wachstumsbarrieren identifiziert. Dazu zählen die mangelnde Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells, eine steigende Komplexität sowie fehlende Kennzahlen zur Steuerung des Unternehmens.

Diese Ergebnisse erbrachte die qualitative Befragung von 14 Unternehmensleitern der Uni Ulm durch dessen Institut für Technologie und Prozessmanagement (ITOP) unter der damaligen Leitung von Prof. Leo Brecht in Zusammenarbeit mit EssentialView. Das Ulmer Beratungsunternehmen von Kerstin und Jörg Herkommer hat sich ganz dem Thema Wachstumsbegleitung verschrieben, „weil wir in einem gesunden Wachstum den Schlüssel für unternehmerischen Erfolg sehen“, so Jörg Herkommer. Nebenbei hält er an der Hochschule Ulm Vorträge zum Thema. So kam den Herkommers zusammen mit dem Projektleiter Niklas Bayrle die Idee, KMU-Geschäftsführer zu Wachstumshindernissen zu befragen. Die Ergebnisse dienen als Grundlage für eine repräsentative Studie, die die Uni Ulm Ende 2018 durchführen wird.

Wachstum ist nicht gleich Umsatz-Wachstum

Den Autoren der Studie geht es nicht darum, Wachstum mit Umsatzwachstum gleichzusetzen und darin das alleinige Allheilmittel zu sehen. Für die Unternehmer Herkommer ist der Wachstumsbegriff ein Vielschichtiger: „Es geht um die Schaffung und kontinuierliche Erweiterung von nachhaltigen Werten für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmer.“ Die Befragungen belegen den ganzheitlichen Ansatz, bei dem es um diese „Weiterentwicklung“ des Unternehmens auf allen Ebenen – in Produktion und Vertrieb, in der Mitarbeiterführung, der Unternehmenskultur, ebenso wie in der Kommunikation des Unternehmens mit seinen Kunden und der Öffentlichkeit gehe.

Umgekehrt sind auch Wachstumsbarrieren vielschichtiger Natur. Einfach nur ins Jammerlied des Fachkräftemangels einzustimmen, ist Bayrle und dem Ehepaar Herkommer zu wenig. „Unternehmen, die Klarheit über ihr Geschäftsmodell haben, darauf eine Strategie aufbauen und deren Umsetzung mittels Kennzahlensystem überwachen, bei Abweichungen eingreifen und ihr Geschäftsmodell nachjustieren, überwinden Wachstumsbarrieren deutlich häufiger,“ sagt Jörg Herkommer.

Ein klares Geschäftsmodell und dieses mit einem Kennzahlensystem strategisch umzusetzen – das sind zwei große Wachstumsbarrieren, die die KMU-Studie offenbart. „Die Mehrheit der KMU verlässt ihre Flexibilität, wenn es um das Nachjustieren ihres Geschäftsmodells geht. Und die Mehrheit dieser Unternehmen arbeitet bis heute allein mit der BWA und kennt sonst keine relevanten Zahlen des eigenen Unternehmens“, meint Kerstin Herkommer. Daraus leiten die Studienautoren ein erhöhtes Risiko ab, Fehlentscheidungen zu treffen.

KMU – agiler als Wissenschaft bislang vermutet

Eine weitere Wachstumsfalle droht nach Erkenntnis der Studie durch die Erweiterung der eigenen Produktpalette. Damit gingen in den meisten Fällen wesentlich höhere Komplexitätskosten einher. Die Folge: Ineffizienz und ein deutlich niedrigerer Profit. Nicht selten wird die Organisationsstruktur bei Unternehmenserweiterungen oft viel zu spät angepasst und damit der bürokratische Aufwand einer sich weiterentwickelnden Organisation unterschätzt. Auch hier heißen die Folgen: höhere Kosten, niedrigerer Ertrag.

Im Gegensatz dazu äußern sich die befragten Unternehmer zum Thema Digitalisierung positiv und sehen darin keine „prioritäre Wachstumsbarriere“. Digitalisierung bewerten sie als „Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells“, als „Mittel zur Effizienzsteigerung“, aber nicht als „zentrale Herausforderung, um damit im Wettbewerb bestehen zu können“.

Was macht die KMU dennoch so erfolgreich? „Viele aus der Wissenschaft abgeleitete Wachstumsbarrieren wurden von uns nicht bestätigt“, sagt Niklas Bayrle vom ITOP-Institut. Er vermutet gerade darin den Erfolg dieser Unternehmen. So bestätigt sich, dass KMU deutlich agiler und flexibler agieren als Industrieunternehmen. „Und eingeschränkte Managementkenntnisse führen eben nicht zwingend zu einer Unternehmensschwäche. Ebenso wie auch eine mangelnde Internationalisierung oder Exportaktivität nicht allein für ein ausbleibendes Wachstum schuldig sind“, so Bayrle.

 

Über Uni Ulm / ITOP-Institut:

Das Institut für Technologie- und Prozessmanagement (ITOP) an der Universität Ulm entwickelt in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Methoden und Lösungen zur strategiekonformen Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von betrieblichen Prozessen und der einzusetzenden Technologien. Dabei steht die Anwendung von quantitativen Modellen zur Entscheidungsfindung im Vordergrund. www.uni-ulm.de/mawi/itop/

 

Über EssentialView:

EssentialView hat sich darauf spezialisiert, Organisationen und Unternehmen in gezielten Umbruchphasen zu begleiten. Dabei werden die gesamte Organisation oder das gesamte Unternehmen mit allen Abteilungen wie Finanzen/ Controlling, IT und Prozesse, Vertrieb, Entwicklung oder Produktion zum Projektgegenstand. Methodisch gehen die Berater dabei eine Verbindung aus Coaching und Prozessmanagement ein. www.essentialview.com

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